Was könnte schöner sein, als die Kombination aus Radfahren und Schokolade

In diesem Jahr zur Osterzeit machten sich Michael Radel aus Brieselang und vier weitere Radler aus Berlin & Umgebung auf den Weg nach Amsterdam, um an der Schokofahrt #13 teilzunehmen. Am Samstag, den 08. April versammelten sich in Amsterdam bei den Chocolate Makers ca. 180 Radfahrer:innen um Schokolade abzuholen und diese vorzugsweise per Lastenrad in verschiedene deutsche Städte zu transportieren. Insgesamt wurden an diesem Tag ca. 2 Tonnen Schokolade verladen.
Aus Berlin waren dieses Mal 5 Radfahrer:innen dabei, darunter auch Michael Radel. Da es die erste Teilnahme an dieser Tour war und eine Strecke von 800 km zu bewältigen war, um von Amsterdam nach Berlin zu gelangen, entschied er sich, das Alltagsrad zu verwenden. 3 Fahrer:innen des Team Berlin nutzten Lastenräder für den Transport.

Wer kommt auf solch eine Idee?

Ihren Ursprung hat die Schokofahrt in Münster, wo eine kleine Gruppe von Studenten sich vor einigen Jahren die Idee in den Kopf gesetzt hat, einen komplett emissionsfreien Transport von der Ernte bis hin zum Händler zu ermöglichen. Nachdem die Kakaobohnen aus der Dominikanischen Republik per Segelschiff (Tres Hombres) nach 3-5 monatiger Überfahrt in Amsterdam ankommen, wird aus dem Kakao Schokolade hergestellt. Die Firma Chocolate Makers nutzt dafür Solarstrom, der direkt über Solarzellen auf dem Dach der Fabrik erzeugt wird. Anschließend transportieren dann die vielen Radfahrer:innen die Schokolade zu den Händlern. Über die Jahre haben sich immer mehr Menschen aus vielen weiteren deutschen Städten der Idee angeschlossen und regionale Schokofahrt-Teams gebildet.

Wie verlief die Tour?

An 8 Tagen (vom 9. bis 16.04.) strampelten wir durch die Niederlände und dann über deutsche Radwege, Straßen und auch Waldwege bis nach Berlin. Alle Übernachtungen hatten wir im Vorfeld gebucht, sodass klar war, welche Strecken an den jeweiligen Tagen zu bewältigen sind. Täglich hatten wir etwa 100 km zurückzulegen. Das hört sich sehr viel an, aber wenn man eine geringe Geschwindigkeit wählt und wenn das Rad erstmal rollt, dann ist die Anstrengung eher gering. Wind, Regen und starke Anstiege sind die echten Herausforderungen. Aufgrund der relativ geringen Beladung meines Rades (ca. 20 kg Schokolade + eigenes Gepäck) gegenüber den Lastenrädern (Gewicht des Rades von ca. 25 kg + ca. 30-40 kg Schokolade + eigenes Gepäck) verliefen gerade die ersten Tage für mich sehr entspannt. Dazu trugen aber auch die Bedingungen in den Niederlanden bei, die ein extrem entspanntes Reisen per Rad ermöglichen. Breite Radwege, kurze Wartezeiten an Ampeln, Vorfahrtsregelungen für den Radverkehr und die Trennung von Radwegen und Straßen waren ein Genuss.

Schockierender als erwartet war dann die Rückkehr auf deutsche Radwege und zwangsweise auch auf Straßen. Nach der Grenze wurden wir direkt begrüßt mit einem ca. 60 cm breiten Asphaltstreifen direkt neben den Pollern, die als Abgrenzung zur Fahrbahn dienen und im Abstand von ca. 500m bekommt man den Hinweis ‚Achtung Radwegschäden‘. Zum Glück besserte sich die Situation auch wieder, doch zwischen den Bedingungen hier in Deutschland und denen in den Niederlanden liegen Welten. Unsere Tage verliefen meist ähnlich. Morgens gegen 8 Uhr haben wir entspannt gefrühstückt. Gegen 9:30 Uhr sind wir in der Regel gestartet und in gemütlicher Fahrt in den Tag hinein geradelt. Über den Tag hinweg haben wir viele kleine Pausen am Wegesrand gemacht, um zu trinken, zu essen und auch den Beinen und dem Po eine Auszeit zu gönnen. Um die Mittagszeit oder am frühen Nachmittag, wenn die Hälfte der Strecke absolviert war, dann ein Stopp bei einem Bäcker um sich aufzuwärmen und neue Energie zu tanken. Spätestens gegen 19 Uhr kamen wir dann am jeweiligen Tagesziel an, sodass ein abendlicher Besuch eines Restaurants noch problemlos möglich war. Und nach einer erholsamen Nacht war der Start in den nächsten Tag auch kein Problem. Natürlich war man am 7. Tag morgens nicht mehr ganz so munter, wie noch am 2. Tag.

Hat man Berlin dann endlich erreicht, fällt schon eine gewisse Last ab – im wahrsten Sinne, denn nicht nur die täglichen Fahrradtouren enden, auch die Schokolade wird dann verteilt und ausgeliefert. Im Weltladen in Brandenburg an der Havel konnten wir bereits am Morgen des letzten Tages der Tour einige Pakete übergeben. Mit einem gemeinsamen Frühstück wurden wir sehr herzlich empfangen und mit vielen Fragen zu unserer Reise konfrontiert. In den nächsten Tagen werden dann die weiteren Pakete an die jeweiligen Händler ausgeliefert. Es geht nach Potsdam, nach Fohrde, nach Wittenberg und natürlich verbleibt auch einiges in Berlin. Großer Abnehmer ist auch das Orchester des Wandels (ODW), dass die Schokolade verwendet, um durch den Verkauf eigene Projekte zu finanzieren.

Nach der Fahrt ist vor der Fahrt

Hat man die Strecke einmal absolviert und gesehen, was mit einem Lastenrad möglich ist, kribbelt es direkt in den Fingern und die Gedanken und Planungen für die nächste Teilnahme geistern bereits im Kopf herum. Mit einem Lastenrad teilzunehmen bedeutet auch, sich Gedanken darüber zu machen, wie man nach Amsterdam anreist. Denn die Mitnahme in Zügen der Deutschen Bahn ist bisher nicht möglich. Einzig die WestfalenBahn, die zwischen Braunschweig und Rheine verkehrt, bietet diesen Service. Somit lässt sich ein Teil der Anreise damit bewältigen. Auf den übrigen Kilometern heißt es ’strampeln‘.

Wer nun im wahrsten Sinne des Wortes ‚auf den Geschmack‘ gekommen ist, kann mich gern ansprechen. Ich freue mich darauf, andere mit meiner Euphorie anstecken zu können.

Michael Radel, Brieselang